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Die Hühnerologen

Müssen auch Sie bei dem Begriff "Hühnerologen" schmunzeln? Was verbirgt sich dahinter? Nun, es nichts geringeres als die Bezeichnung für den ersten Rassegeflügelzuchtverein Deutschlands. Und dieser wurde in Görlitz gegründet.

Ornithologie - altgriechisch für die "Lehre der Vögel", Vogelkunde. Diese Bezeichnung war dem humorvollen Kaufmann und Hobby-Hühnerzüchter Robert Oettel viel zu trocken und unspezifisch. Also nannte er die Vereinigung, die er am 18. Oktober 1852 in Görlitz mit 17 seiner gleichgesinnten Freunde gründete: "Hühnerologischer Verein Görlitz". Das brachte ihm zunächst in der Bevölkerung, die die Rassegeflügelzucht ohnehin nicht als ernstzunehmende Größe in der Volkswirtschaft akzeptierte, einigen Spott ein. Erst 3 Jahre später schrieb ein Reporter der "Gartenlaube" in einem Bericht über den Besuch einer vom Hühnerologischen Verein veranstalteten Ausstellung:

"Ich lernte begreifen, dass die Gründer, deren einer mich zu bekehren und zu belehren trachtete, kein runderes und glatteres Wort zur Bezeichnung des Vereinszweckes hätten wählen können. Der Kopf des Wortmonstrums deutet die heitere Praxis, der Schwanz die ernste Theorie an."

Das trifft es ziemlich gut. Vor der Gründung des Vereins gab es in Deutschland nur 6 Hühnerrassen - leichte Landhühner, die im Winter keine Eier legten. Robert Oettel importierte erstmals asiatische Hühnerrassen, die sich durch ihre große Formen- und Farbenvielfalt auszeichneten und zudem ganzjährig Eier hervorbrachten.
Aufgabe des Vereins war es, fremdländische Hühnerrassen einzuführen und zu akklimatisieren. Aber auch deutsche Landhuhnrassen gezielt zu züchten, um eine Leistungssteigerung zu erzielen und so die Rassegeflügelzucht als einen wichtigen Faktor der Volkswirtschaft zu etablieren. In ganz Deutschland wurden Vereine gegründet, die nach Oettels Grundsatz "züchtet rein und züchtet echt" die Rassegeflügelzucht betrieben. Sie alle erhielten die Bruteier aus Görlitz. 1866 wurden in Deutschland schon 17 Rassen gezüchtet. Die Erfolge des Hühnerologischen Vereins wurden auf regelmäßig stattfindenden Geflügelschauen präsentiert und mit großen Festen gefeiert, die für Görlitz jedesmal besonders schöne Ereignisse waren.

Robert Oettel leitete den Verein 32 Jahre lang mit großer Sachkenntnis und Hingabe bis zu seinem Tod am 14. März 1884. Neben den Erkenntnissen in der Geflügelzucht trug er zudem auch zur Völkerverständigung bei.